Thema: Verschiedenes | Datum: 20.04.2022

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Ein Espresso mit… Otmar Lang

Alles Wichtige zum digitalen Euro

Der digitale Euro soll die Stabilität des Euros gegenüber Kryptowährungen und digitalen Zahlungsmitteln anderer Länder schützen. Wir haben uns mit Chefvolkswirt Otmar Lang über die Pläne der Europäischen Zentralbank unterhalten.

Otmar Lang, Chefvolkswirt der TARGOBANK

Seit einigen Monaten berichten die Medien immer wieder über die Pläne der Europäischen Zentralbank (EZB), eine eigene Digitalwährung einzuführen – den digitalen Euro. Dieser soll die Stabilität des Euros gegenüber Kryptowährungen wie beispielsweise Bitcoin sowie Digitalwährungen anderer Länder schützen. Andere Länder sind in dieser Hinsicht schon ein ganzes Stück weiter: In China gibt es bereits seit 2020 den digitalen Yuan in ausgewählten Pilotregionen, in Schweden das Pilotprojekt „E-Krone“.

Aber wie funktioniert solch eine digitale Währung, wie unterscheidet sie sich von einer Kryptowährung wie Bitcoin und wo liegen die Vorteile und Risiken? Antworten auf diese Fragen gibt uns heute Otmar Lang.

 

Hallo Otmar, kannst du uns erklären, wie der digitale Euro funktionieren soll und welche Vorteile er uns als Privatpersonen bringt?

Der digitale Euro soll von der Bevölkerung in sehr ähnlicher Weise wie Bargeld eingesetzt werden, nur eben digital. Folglich würde man den digitalen Euro virtuell in einer digitalen Geldbörse, einer sogenannten Wallet, mit sich herumtragen. Der Bezahlvorgang könnte mithilfe einer App oder auch einem QR-Code erfolgen, es wäre also ein Übertrag von einer digitalen Wallet in eine andere. Dabei ist an online- als auch an offline Lösungen gedacht. Bei letzterer hat man vor allem Bluetooth-Anbindungen im Auge. Für alle Transaktionen mit dem digitalen Euro sollen die gleichen Kriterien wie bei Bargeld gelten. Ganz wichtig: Die Privatsphäre der beteiligten Personen bleibt beim digitalen Euro genauso gewahrt wie bei Bargeld.

Bei allen Überweisungsmechanismen wäre der Einsatz eines digitalen Euros ein deutlicher Fortschritt, weil sie mit dem digitalen Euro einfacher und auch schneller erfolgen könnten als bei einer klassischen SEPA-Überweisung, so wie wir sie heute kennen. Natürlich könnte der digitale Euro auch im grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr von Vorteil sein. Überweisungen in andere Länder, die zurzeit teilweise noch Tage in Anspruch nehmen können, wären in Sekundenschnelle abwickelbar.

Ein interessanter Vorteil ergäbe sich auch im Onlinehandel. Hier wären Zahlungen ohne die Angabe von persönlichen Daten möglich, ohne dass dabei Abstriche bei Sicherheit, Vertrauen oder Wertstabilität gemacht werden müssten.

Gibt es auch Risiken?

Im Extremfall könnte das Finanzsystem instabiler werden. Das würde zum Beispiel bei einem aufkommenden Vertrauensverlust in die Geschäftsbanken der Fall sein. In einem solchen Fall könnten Kunden ihre physischen Euros in digitale Euros wechseln und an die EZB übertragen. Im schlimmsten Fall wäre eine Liquiditätskrise die Folge. Einer solchen aber könnte mit Maximalgrenzen für den Besitz von digitalen Euros –aktuell wird an ein Limit von 3.000 Euro gedacht – oder auch mit einem mehrstufigen Zinssystem Grenzen gesetzt werden.

Und was bedeutet der digitale Euro ansonsten für uns als Bank?

Damit kein Missverständnis aufkommen kann: Der digitale Euro soll nichts ersetzen oder überflüssig machen. Der digitale Euro soll geschaffen werden, um den Bürgern eine weitere Möglichkeit des Bezahlens anbieten zu können. Sowohl das klassische Bargeld, als auch die bisherigen digitalen Zahlungsmöglichkeiten wird es auch weiterhin geben.

Mit dem digitalen Euro würden wir als Bank allerdings nichts direkt zu tun haben: Er würde – analog zum Bargeld – von der EZB zur Verfügung gestellt. Damit ist sichergestellt, dass er in gleicher Form wie Bargeld geschützt ist. Er wäre also genauso vertrauenswürdig wie Bargeld. Der Unterschied zum Bargeld wäre allerdings, dass der digitale Euro nicht auf den üblichen Girokonten verbucht werden könnte, sondern auf speziellen Konten bei der EZB, womit die EZB eine Kontrolle über die digitale Währung nicht aufgäbe. Der digitale Euro wäre als „Zentralbankgeld“ und damit wie Bargeld ausfallssicher. Guthaben auf Konten bei Geschäftsbanken dagegen stellen technisch gesprochen eine Verbindlichkeit der Bank gegenüber dem Kontoinhaber dar und unterliegen daher einem (zumeist eher theoretischen) Ausfallrisiko.

Was ist der Unterschied zu Kryptowährungen?

Kryptowährungen sind vom Ansatz her als vollwertige Währungen geplant gewesen, doch sie haben sich immer mehr zu einem spekulativen Investment entwickelt, welche im Wert stark schwanken und sogar auch dem Risiko des Totalausfalls ausgesetzt sind. Damit erfüllt diese Art der Währungen zurzeit nicht unser Grundverständnis von Geld. Dieses ist durch Wertstabilität und absolute Sicherheit gekennzeichnet. Der digitale Euro dagegen würde diese Kriterien, soweit sich das bisher einschätzen lässt, voll erfüllen. Er wäre zu jedem Zeitpunkt immer genau so viel wert wie ein herkömmlicher Euro. Digital oder analog würde keinen Unterschied machen.

Warum ist das Thema digitaler Euro für die EZB so wichtig?

Zum einen will die Europäische Zentralbank als eine moderne, mit dem Zeitgeist gehende, internationale Institution angesehen werden. Gerade mit dem Prestigeprojekt Digitaler Euro möchte die EZB ihre Fortschrittlichkeit und Souveränität speziell beim Thema Digitalisierung unter Beweis stellen. Zum anderen geht es um die Erhaltung/Erhöhung der Attraktivität des Euros. Denn mit den Kryptowährungen gibt es Konkurrenzprodukte für den Euro, die sich immer mehr etablieren, auch wenn diese noch weit davon entfernt sind, sich durchgesetzt zu haben.

Außerdem sollte nicht ganz übersehen werden, dass andere Zentralbanken mit dem Thema digitale Zentralbankwährungen (Fachjargon: Central Bank Digital Currency) schon deutlich weiter sind als die EZB. So gibt es in China den Yuan bereits in digitaler Form, wenngleich auch nur in einigen ausgewählten Testregionen. Aber auch in Europa hat z.B. die schwedische Riksbank ihr Pilotprojekt „E-Krone“ schon vor vier Jahren gestartet, ohne allerdings bislang großartig von der Stelle gekommen zu sein. Ähnliches gilt auch für das Vereinigte Königreich. Weltweit betrachtet, arbeiten aktuell bereits rund 80 Zentralbanken an dem Thema digitale Währung. Vom Startzeitpunkt her betrachtet ist die EZB also kein Frühstarter mehr- vor allem, wenn man bedenkt, dass über die Einführung eines digitalen Euros noch nicht endgültig entschieden ist. Eine Entscheidung wird frühestens im Oktober 2023, am Ende einer zweijährigen Untersuchungsphase, getroffen.

Ein spannendes Thema, wir werden die Entwicklung weiter beobachten. Vielen Dank, Otmar, für die Erklärungen!

Redaktion: Ulli Höbel

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